In diesem Blog berichte ich über meinen Weg weg von 150 kg. Nach zahllosen Abnehmversuchen habe ich mich entschlossen für mich und meine Gesundheit diesen Weg mit Hilfe einer Magenverkleinerung zu gehen. Ich hoffe, anderen Mut und Hoffnund geben zu können und zu zeigen, dass wir nicht alleine sind da draussen. ;-)
Zeit seit der OP am 10.05.2012:
Verlorenes Gewicht seit der OP: -43,3 kg (99,0 kg)

23. April 2012

Warum eine Magenverkleinerung?

Ich verstehe, dass es sich erstmal ziemlich krass anhört, wenn jemand sagt "Ich lasse mir den Magen verkleinern.", was ich aber nicht verstehe, ist das ich oft den Eindruck bekomme, die Leute denken, ich würde den "einfacheren" Weg gehen, weil ich zu faul oder undiszipliniert bin, um auf regulären Weg abzunehmen. Das ärgert mich dann schon sehr, immerhin habe ich zahllose Abnehm-Versuche hinter mir,  und ich glaube das der Weg der OP sehr viel mehr Arbeit und Disziplin von mir fordert, als wenn eine Frau mit 72 kg mit Hilfe der "Brigitte-Diät" mal eben 2,5 kg verlieren will. 

Doch wie bin ich überhaupt dazu gekommen? Fangen wir mal ganz vorne an...
Meine Mutter sagt, ich wollte schon als Baby aussergewöhnlich viel gestillt werden und habe später auch immer mehr gegessen als andere Kinder. Im Kindergarten habe ich die doppelte Portion bekommen - mich aber auch sehr viel bewegt, ich war ein sehr aktives Kind. In der Grundschule wurde ich dann schon immer pummeliger. Klar, ich hab noch immer viel gegessen, mich aber viel weniger bewegt. Ich erinnere mich, dass ich damals schon das Gefühlt hatte, ausgegrenzt zu sein. Ich habe mir Freundinnen gesucht, mit denen die anderen Kinder nicht gerne befreundet sein wollten, die haben mich dann meistens auch akzeptiert wie ich war. In der vierten Klasse, also ca. mit 11 Jahren sind mir praktisch über Nacht Brüste für ein C-Körbchen gewachsen. Zumindest kommt es mir im Nachhin jetzt so vor, höchstwahrscheinlich war es dann doch eher eine schleichende Entwicklung, aber es hat sich nicht so angefühlt. Kurz vorm Ende des letzten Schuljahres wurden Klassenfotos gemacht und ich hatte ein T-Shirt an, dass ich schon öfter getragen hatte, ich erinnere mich, dass ein Mädchen aus der Klasse mich tadelnd angesehen hat und zu mir sagte "Musst du das grade heute anziehen Anna? Die Jungs ärgern schon den ganzen Tag Rabia weil man sieht, dass sie schon Brüste hat!" ich habe mich den ganzen Tag geschämt und versuchte, nicht aufzufallen. Als ich dann am Nachmittag auf dem Weg nach Hause war, hab ich mich aber doch gekränkt gefühlt, weil mich kein einziger Junge geärgert hatte.

Nach den Sommerferien bin ich auf eine Gesamtschule gekommen, ich weiß nicht, in wie weit das der Realität entspricht, aber wenn ich versuche, mich daran zurück zu erinnern, habe ich das Gefühl, ich bin als etwas pummeliges Kind am Anfang des Sommers in die Ferien gegangen und bin dann als dicke Jugendliche wieder zurück gekommen. Ich kann mich daran erinnern, wie ich als Kind ausgesehen hab und danach nur noch daran, wie ich schon wirklich dick in der Gesamtschule war. Es muss klarer Weise einige Zwischenschritte gegeben haben, aber entweder die sind sehr schnell an mir vorbei gezogen oder ich habe sie einfach nicht in Erinnerung oder aber ich sehe mich selbst in meiner Erinnerung schon von dem Bild verzerrt, dass ich heute von mir habe...
Jedenfalls gab es in der Schule zwischen den Jahren 12 - 14 einige Up's und Down's - wie das halt ist in der Pubertät. Der Gipfel war jedoch, als meine beste Freundin über mich hergezogen ist und der ganzen Klasse erzählt hat, dass meine Mutter jetzt lesbisch ist und mit einer Frau zusammen ist. Für mich ist wirklich eine Welt zusammen gebrochen. Ich wurde eh schon gehänselt, jetzt kamen sogar beleidigende Nachrichten auf unserem Anrufbeantworter dazu. Ausserdem war ich von da an alleine. Keine Freundin mehr, die mir den Rücken stärkt. Ich bin darauf hin ziemlich lange nicht mehr zur Schule gegangen, meistens ohne das Wissen meiner Mutter, habe mir die Zeit oft mir Essen vertrieben...
Als meine Mutter mir dann endlich den Ernst der Lage klar machen konnte und mir bewusst wurde, dass ich mit meinem Verhalten nur meinen eigenen Schulabschluss gefährde, habe ich die Zähne zusammen gebissen und bin wieder zur Schule gegangen. Ich habe meinen Abschluss geschafft und kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern, dass es sonderlich schlimm war in der Schule. 

Mit 15 habe ich den Entschluss gefasst, mir den Magen mittels Magenband verkleinern zu lassen. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam, woher der Anstoß gekommen ist, ich weiß nur, dass ich zu verschiedenen Untersuchungen musste. Für die Bewilligung der Krankenkasse, die Kosten zu unternehmen, musste ich von einem Arzt untersucht werden, ich musste mich ausziehen, abwiegen, abmessen und befragen lassen. Für mich war das ziemlich fürchterlich. Aber ich hab das durchgestanden. Letztendlich bin ich mit meiner Mutter zu einem Krankenhaus gefahren, dort hatten wir ein Gespräch mit dem zuständigen Chirurgen. Jetzt, 10 Jahre später, hat meine Mutter gesagt, sie hatte den Eindruck, der Chirurg war ziemlich scharf darauf, mich zu operieren. Ich hatte allerdings den Eindruck er würde das alles nicht ernst genug nehmen und ich hatte panische Angst vor der Operation. Krankenhäuser und Ärzte mochte ich sowie so nicht sonderlich, dieses Exemplar war da nicht grade hilfreich. Nichts desto trotz habe ich weiter gemacht. Bis der Brief von der Krankenkasse kam, dass die Operation bewilligt wurde. Alleine das war irgendwie eine ziemliche Befriedigung für mich, ich kann nicht mal genau sagen warum.
Jedenfalls hab ich noch am gleichen Tag beschlossen, die OP nicht zu machen, sondern es noch mal alleine zu versuchen.

Zwar habe ich nicht viel geändert, aber ich habe immerhin abgenommen. Fast 30 Kilo. Unter 100 kg bin ich aber nie wieder gekommen. Ich erinnere mich noch, dass ich mal ein ziemlich teures T-Shirt oder einen Pullover von meiner Mutter haben wollte und sie mir versprochen hat, wenn ich wieder abnehme und unter 100 kg komme, kauft sie mir eine ganze neue Ausstattung. Wahrscheinlich meinte sie, eine Hose, ein T-Shirt, ein paar Socken und aus, in meinem Kopf entstand die Vorstellung von einem begehbaren Kleiderschrank voller toller Sachen. Übrigens, ich habe vor dieses Versprechen noch dieses Jahr einzulösen Mama! ;-)

Von 16-18 schwankte mein Gewicht immer wieder, es pendelte sich jedoch immer so bei 120 kg ein. Dann lernte ich jemanden kennen. Online. (Übrigens, es ist mir noch heute unangenehm, wenn ich jemandem erzähle, das ich damals meinen Mann oder jetzt meinen Freund im Internet kennengelernt habe, weil ich immer glaube, die Menschen denken dann etwas wie "Schon klar, eine wie die findet anders auch keinen Kerl!") Ich bin dann irgendwann (nach einigem Hin und Her, ich war 18, da darf man das!) zu ihm nach Wien gezogen. Weg aus dem schönen Dortmund, raus aus dem Ruhrpott, raus aus Deutschland. Wenn schon, dann richtig. Ein halbes Jahr später haben wir geheiratet, da habe ich schon 140 kg gewogen. Kurz danach habe ich eine Ausbildung zur Buchhalterin angefangen. Dann folgten Ernährungsberatung, Fitnessstudio mit Personal Trainer und als das auch nicht geholfen hat schließlich Weight Watchers. Ich bin knapp 1,5 Jahre später schwanger geworden, mein Gewicht damals ca. 130 kg. Kurz vor der Geburt habe ich noch "mal eben" meine Lehre abgeschlossen.

Am Anfang der Schwangerschaft war ich etwas nervös, welche Auswirkung hätte mein Gewicht auf das Baby und auf die Geburt? Ich hatte öfter Probleme mit dem Kreislauf, ich war mir sicher, dass ich in ein Krankenhaus gehe müsste um ja alles richtig zu machen... Je schwangerer ich wurde, desto mehr habe ich aber lesen können (und meiner Mutter zuhören ;-) ) und wurde mir dann relativ spät, in der 20. Schwangerschaftswoche, sicher, dass ich doch lieber eine Hausgeburt haben möchte, weil ich auf keinen Fall einen Kaiserschnitt wollte und die Angst, allein wegen meinem enormen Übergewicht dann erst recht einen verpasst zu bekommen war größer als alle anderen Bedenken. 
Die Entscheidung war Goldrichtig! Die Geburt meines Sohnes war das absolut schönste und intensivste Erlebnis das ich mir nur ausmalen konnte. Noch heute steigen mir die Tränen in die Augen, wenn ich daran denke. Aber in einem Krankenhaus wäre es sicher anders ausgegangen. Nicht nur, dass nach dem Platzen der Fruchtblase einfach keine Wehen einstellen wollten, ich hatte auch das dringende Bedürfnis Mupfel im Wasser zur Welt zu bringen. Das mir während der Wehen und Geburt keine Schwimmhäute gewachsen sind, ist schon aussergewöhnlich. In dem Krankenhaus, in dem ich am Anfang der Schwangerschaft entbinden wollte, dürfen Frauen von meinen Ausmaßen nicht im Wasser gebären. Das Kreislaufrisiko sei zu groß (das ich nach der Geburt alleine aus dem Pool gestiegen bin, mich abgetrocknet hab und durchs ganze Wohnzimmer ins Schlafzimmer und ins Bett gegangen bin, beweist wohl das es nicht immer so laufen muss).

Alle haben mich davor gewarnt, dass ich in der Schwangerschaft enorm zunehme wenn ich nicht aufpasse - ich habe abgenommen (was dann auch wieder keinem Recht war). Nach der Geburt habe ich wieder 120 kg gewogen.

Ein halbes Jahr später habe ich wieder angefangen zu Arbeiten. Ich habe ein Angebot bekommen, dass ich nicht abschlagen konnte. Die ersten Monate konnte ich Mupfel mit ins Büro nehmen, als er anfing zu krabbeln ist mein Mann mit ihm zuhause geblieben. 

Im November 2010 habe ich von meinem Mann getrennt. Unser Sohn war da grade 9 Monate alt. Ich wog 150 kg.

Ich weiß nicht wann oder wie es passiert ist, dass ich in 9 Monaten 30 kg zugenommen habe, aber es wird wohl auch daran gelegen haben, dass ich sehr unglücklich war und sehr viel gegessen hab. 

Im Mai 2011 bin ich aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, ich habe versucht wieder etwas besser auf mich zu achten, aber nicht bewusst versucht abzunehmen.

Im August 2011 habe ich meinen jetzigen Freund kennengelernt. Als wir uns das erste mal getroffen haben, war ich überzeugt, dass es nichts wird. Er sah so gut aus! Nie hätte ich gedacht, dass sich jemand wie er für mich interessieren könnte. Tja, er konnte. :-)

Robert hat von Anfang an klar gemacht, dass ihm bestimmte Sachen wichtig wären. Zum Beispiel das ich mit ihm Sport mache. Mhpf. Klar hab ich erstmal gedacht, dass ist seine blumige Art um mir zu sagen, dass ich ihm so nicht gefalle und ich gefälligst abnehmen sollte. So hat er es nicht gemeint, doch mein klitzekleines Ego hat einige Zeit gebraucht um zu verstehen, dass er einfach wirklich nur Zeit mit mir verbringen wollte und sein Hobby gerne mit mir teilen wollte. :-)

Nichts desto trotz bin ich wieder bei meinem absoluten Horrorgewicht angelangt... Ich kratze an den 150 kg... Mein größter Alptraum. Etwas muss passieren. JETZT! Meine Ärzte erzählen mir seit über 10 Jahren, dass es so nicht weiter gehen kann und mit 150 kg kann ich auch wirklich nicht mehr sagen, ich würde mich wohl fühlen in meiner Haut. Wenn mein Sohn auf dem Spielplatz vor mir weg rennt, komm ich nur mit viel Mühe und gekeuche hinter ihm her, die Stoffe in den XXL-Abteilungen diverser Kaufhäuser eignen sich eher um Vorhänge für Omas zu verkaufen, aber nicht dafür, dass ich mich so kleiden kann, wie es mir gefällt...

Ich bin im Internet auf ein Forum für Adipositas-Chirurgie gestoßen und hab schnell rausgefunden, dass es zwei Krankenhäuser in Wien gibt, die solche Eingriffe regelmäßig durchführen. Beim ersten habe ich einen Termin im März 2012 bekommen, beim anderen direkt in der nächsten Woche.

Also bin ich dort zu dem Erstgespräch gegangen und war mir danach sicher, ich will eine Magenverkleinerung. Ja, ich hatte Angst vor der OP und den Folgen, aber ich habe schon so oft versucht mein Leben zu ändern und mein Gewicht in den Griff zu bekommen... Seit über 10 Jahren habe ich immer über 100 kg gewogen und ich bin erst 25... 

Somit war der erste Schritt getan, die Entscheidung ist gefallen. 
Darum eine Magenverkleinerung.

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